Bey einer andächtigen Musique ist allzeit Gott mit seiner Gnadengegenwart', bemerkte Johann Sebastian Bach in seiner Calov-Bibel als Randnotiz. Man liegt nicht falsch, versteht man Bachs geistliche Musik als eine Art klingende Theologie, auch wenn dies zu dem nicht ganz zutreffenden Bild des Komponisten als 'fünftem Evangelisten' geführt hat. 2017 ist Luther-Jahr, was vielerorts als Gelegenheit wahrgenommen wird, das Verhältnis des Thomaskantors zum großen Reformator eingehender zu beleuchten. In den geistlichen Werken hat Bach mit der so vielschichtigen Darstellung und Auslegung theologischer Inhalte die protestantische Kirchenmusik auf unerreichte Höhen geführt. Als musikalischer Prediger belebt der Komponist mit seiner Musik den theologischen Text im Sinne der Reformation derartig, dass der Hörer mitleidet, mitfühlt, getröstet wird - und vor allem ganz im Sinne Luthers den theologischen Inhalt emotional wie rational begreift. Die vorliegende Einspielung macht dies anhand von drei Werken mit Bezug zur Reformation deutlich. Der Kantate BWV 126 Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort liegt ein protestantisches Kampf- und Propagandalied zugrunde, in dem es um die stets präsente Bedrohung der evangelischen Gemeinde und die Bitte um Schutz und Frieden gegen Anfechtungen von außen geht. Die Kantate BWV 79 Gott der Herr ist Sonn und Schild entstand zum Reformationstag 1725 und ist mit der Lutherischen Messe BWV 236 aus dem Jahr 1738 durch zwei Parodiesätze direkt verbunden. Dabei ist es bemerkenswert, wie subtil Bach diese in die Messe eingearbeitet hat. Die Gaechinger Cantorey unter Hans-Christoph Rademann stellt die drei Werke auf CARUS vor und hätte mit dieser gelungenen musikalischen Predigt sicherlich nicht nur den Thomaskantor, sondern auch den Reformator aufs Höchste erfreut.