Heuschrecken, Erdbeben und Kometen
Autor Matthias Georgide Limba Germană Paperback – 30 sep 2009
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Specificații
ISBN-13: 9783940061249
ISBN-10: 3940061247
Pagini: 396
Dimensiuni: 111 x 178 x 32 mm
Greutate: 0.31 kg
Editura: Dreesbach, August Verlag
ISBN-10: 3940061247
Pagini: 396
Dimensiuni: 111 x 178 x 32 mm
Greutate: 0.31 kg
Editura: Dreesbach, August Verlag
Notă biografică
Matthias Georgi, Dr. phil., geb. 1976, selbständiger Historiker bei Neumann & Kamp Historische Projekte München. Arbeitsschwerpunkte: Wissenschafts- und Pressegeschichte des 18. Jahrhunderts, Wirtschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.
Recenzii
FAZ vom 7. Dezember 2009, Feuilleton: Pardon, aber diese Heuschrecken krabbeln nur in Ihrem Kopf! Was desastertrunkene Phantasien in der Geschichte anrichten: Matthias Georgi untersucht die Eigendynamik eingebildeter Katastrophen. Von Caspar Hirschi. Die schönsten Naturkatastrophen sind jene, die sich allein in den Köpfen ereignen. Das gilt nicht nur für die Betroffenen, sondern vielleicht auch für die Historiker. Erdbebenhysterien auf ruhigem Grund, Überschwemmungsängste im Trockenen und Seuchenpaniken bei anhaltender Gesundheit bieten den idealen Stoff für eine ¿histoire de l¿imaginaire¿, eine Geschichte über die Eigendynamik des Eingebildeten und dessen Einfluss auf die Wirklichkeit. Matthias Georgi versammelt in seiner Münchner Dissertation über Naturkatastrophen ¿in der englischen Öffentlichkeit des 18. Jahrhunderts¿ gleich mehrere Kopfgeburten einer desastertrunkenen Phantasie. Er berichtet von einer Heuschreckenplage im Jahr 1748, einem gewaltigen Erdbeben 1750, ausgelöst von einer Kollision der Erde mit Jupiter, und einem verheerenden Kometeneinschlag 1759, die sich alle in englischen Medien der Zeit, aber auch nur da, so zugetragen haben. Die einzige Katastrophe in seinem Buch, die mehr als ein ¿Medienereignis¿ darstelle, war das berühmte Erdbeben von Lissabon im Jahr 1755; freilich dürfte es in der englischen Bevölkerung im Vergleich zu den erfundenen Naturereignissen gerade das geringste Bedrohungsgefühl hervorgerufen haben. Georgi interessiert sich allerdings nicht so sehr für das Verhältnis von Wirklichkeit und Imagination, für die Vereinbarkeit einer bedrohlichen Natur mit der Vorliebe für das ¿Natürliche¿ im Zeitalter der Aufklärung oder für die Stellung der Katastrophenerwartung als europäische Dauerobsession. Ihm geht es in erster Linie um die Bedeutung der Naturwissenschaften in den damaligen Desaster-Diskursen. Um herauszufinden, inwieweit naturwissenschaftliches Denken Eingang in die kollektive Beschäftigung mit Naturkatastrophen gefunden hat, untersucht er Predigten, Zeitungen, populäre Magazine und wissenschaftliche Zeitschriften. Er findet in ihnen ¿ nicht ganz überraschend ¿ eine Vielfalt von geologischen, astronomischen, physikalischen und chemischen Wissensbrocken, die für eine nicht geringe Vielfalt von argumentativen Zwecken verwendet worden sind. Mit der Erklärung von Erdbeben als elektrischer Entladung oder chemischer Reaktion ließ sich die herkömmliche Straftheologie ebenso beglaubigen wie bezweifeln, mit astronomischen Berechungen die Kollision von Kometen mit der Erde bejahen und verneinen. Die Wissenschaft konnte je nach Autor als Freundin oder Feindin der Menschheit, als Verursacherin des Übels und Verkünderin der Rettung auftreten.
So populär naturwissenschaftliches Wissen in der Mitte des 18. Jahrhunderts geworden war, so unspezifisch und unkontrolliert wurde es in den öffentlichen Debatten verwendet. Noch fehlte es Institutionen wie der Royal Society an der nötigen Autorität, um erfolgreich als Zensurgewalt im öffentlichen Wissenschaftsdiskurs aufzutreten. Georgi beschränkt sich nicht auf eine bloße Rekonstruktion der öffentlichen Basteleien mit wissenschaftlichen Versatzstücken, sondern entwickelt im zweiten Teil seiner Studie, aufbauend auf den Forschungen von Simon Schaffer und Stephen Shapin, einen Erklärungsansatz zu den ¿wissenschaftlichen Beglaubigungsriten¿ des gelehrten Beobachters von Naturereignissen. Zu den dominanten Verhaltensmustern zählt er die Verneinung von Angst und die Demonstration von Neugier, kombiniert mit dem umfassenden Glaubwürdigkeitsgebaren eines Gentlemans. Als Kontrast zu dieser Selbstinszenierung habe das angebliche Verhalten der Massen gedient. Während der Pöbel demnach in blinder Panik aus den Häusern rannte, sobald sich ein unerwartetes Naturereignis ankündigte, begab sich der Wissenschaftler ruhig in Sicherheit und machte sich gespannt ans Beobachten. Der wissenschaftliche Habitus versprach damit, so könnte man folgern, nicht nur überlegenes Wissen, sondern auch größeres Glück und längeres Leben. Georgis Studie gefällt durch die reiche Darstellung amüsanter und oft auch aufschlussreicher Begebenheiten, durch das mutige Anpacken eines schwierigen Gegenstandes und nicht zuletzt durch den Nachweis, dass man deutsche Dissertationen auch zu einem günstigen Preis absetzen kann und dabei sogar ansprechend gestalten kann.
Bei der theoretischen Bewältigung seines Stoffes stößt der Autor jedoch bald an Grenzen. Warum er imaginierten Naturkatastrophen so große Aufmerksamkeit schenkt, wird bei seiner Fragestellung nicht klar. Seinen beiden Zentralbegriffen ¿Öffentlichkeit¿ und ¿Wissenschaft¿ mangelt es an analytischer Schärfe, weil sie zu breit verwendet und zu essentialistisch verstanden werden. Wir erfahren zum Beispiel, dass Naturkatastrophen ¿ wenn sie denn stattgefunden haben ¿ im 18. Jahrhundert ¿öffentlich zugänglich¿ gewesen seien und die Öffentlichkeit sich dann ¿mit dem kollektiven Überleben¿ beschäftigt habe. Mit einer solchen Terminologie lässt sich nicht mehr erfassen, wie sich die Beziehung von Naturwissenschaft und Öffentlichkeit im Zeitalter der Aufklärung von früheren und späteren Epochen unterschieden hat, geschweige denn wie sie von damaligen Akteuren gedacht worden ist. Dies ist umso mehr zu bedauern, als zu diesem Thema, anders als der Autor selbst behauptet, in den letzten Jahrzehnten durchaus schon eine Reihe ergiebiger Arbeiten erschienen ist.
So populär naturwissenschaftliches Wissen in der Mitte des 18. Jahrhunderts geworden war, so unspezifisch und unkontrolliert wurde es in den öffentlichen Debatten verwendet. Noch fehlte es Institutionen wie der Royal Society an der nötigen Autorität, um erfolgreich als Zensurgewalt im öffentlichen Wissenschaftsdiskurs aufzutreten. Georgi beschränkt sich nicht auf eine bloße Rekonstruktion der öffentlichen Basteleien mit wissenschaftlichen Versatzstücken, sondern entwickelt im zweiten Teil seiner Studie, aufbauend auf den Forschungen von Simon Schaffer und Stephen Shapin, einen Erklärungsansatz zu den ¿wissenschaftlichen Beglaubigungsriten¿ des gelehrten Beobachters von Naturereignissen. Zu den dominanten Verhaltensmustern zählt er die Verneinung von Angst und die Demonstration von Neugier, kombiniert mit dem umfassenden Glaubwürdigkeitsgebaren eines Gentlemans. Als Kontrast zu dieser Selbstinszenierung habe das angebliche Verhalten der Massen gedient. Während der Pöbel demnach in blinder Panik aus den Häusern rannte, sobald sich ein unerwartetes Naturereignis ankündigte, begab sich der Wissenschaftler ruhig in Sicherheit und machte sich gespannt ans Beobachten. Der wissenschaftliche Habitus versprach damit, so könnte man folgern, nicht nur überlegenes Wissen, sondern auch größeres Glück und längeres Leben. Georgis Studie gefällt durch die reiche Darstellung amüsanter und oft auch aufschlussreicher Begebenheiten, durch das mutige Anpacken eines schwierigen Gegenstandes und nicht zuletzt durch den Nachweis, dass man deutsche Dissertationen auch zu einem günstigen Preis absetzen kann und dabei sogar ansprechend gestalten kann.
Bei der theoretischen Bewältigung seines Stoffes stößt der Autor jedoch bald an Grenzen. Warum er imaginierten Naturkatastrophen so große Aufmerksamkeit schenkt, wird bei seiner Fragestellung nicht klar. Seinen beiden Zentralbegriffen ¿Öffentlichkeit¿ und ¿Wissenschaft¿ mangelt es an analytischer Schärfe, weil sie zu breit verwendet und zu essentialistisch verstanden werden. Wir erfahren zum Beispiel, dass Naturkatastrophen ¿ wenn sie denn stattgefunden haben ¿ im 18. Jahrhundert ¿öffentlich zugänglich¿ gewesen seien und die Öffentlichkeit sich dann ¿mit dem kollektiven Überleben¿ beschäftigt habe. Mit einer solchen Terminologie lässt sich nicht mehr erfassen, wie sich die Beziehung von Naturwissenschaft und Öffentlichkeit im Zeitalter der Aufklärung von früheren und späteren Epochen unterschieden hat, geschweige denn wie sie von damaligen Akteuren gedacht worden ist. Dies ist umso mehr zu bedauern, als zu diesem Thema, anders als der Autor selbst behauptet, in den letzten Jahrzehnten durchaus schon eine Reihe ergiebiger Arbeiten erschienen ist.
Cuprins
Vorwort - Einleitung - Teil A: Das Ende der Welt - Naturkatastrophen und die Bedeutung der Naturwissenschaft in der Öffentlichkeit - Teil B: Mechanismen der öffentlichen Wissenschaft - Zusammenfassung - Anhang