Anfang der neunziger Jahre musste unser Freund Knulp einmal mehrere Wochen im Spital liegen, und als er entlassen wurde, war es Mitte Februar und scheussliches Wetter, so dass er schon nach wenigen Wandertagen wieder Fieber spurte und auf ein Unterkommen bedacht sein musste. An Freunden hat es ihm nie gefehlt, und er hatte fast in jedem Stadtchen der Gegend leicht eine freundliche Aufnahme gefunden. Aber darin war er sonderbar stolz, so sehr, dass es eigentlich fur eine Ehre gelten konnte, wenn er von einem Freund etwas annahm. Diesmal war es der Weissgerber Emil Rothfuss in Lachstetten, dessen er sich erinnerte und an dessen schon verschlossener Hausture er abends bei Regen und Westwind anklopfte. Der Gerber tat den Fensterladen im Oberstock ein wenig auf und rief in die dunkle Gasse hinunter: Wer ist draussen? Hat's nicht auch Zeit, bis es wieder Tag ist? Knulp, als er die Stimme des alten Freundes horte, wurde trotz aller Mudigkeit sofort munter. Er erinnerte sich an ein Verschen, das er vor Jahren gemacht hatte, als er einmal vier Wochen mit Emil Rothfuss zusammen gewandert war, und sang alsbald am Hause hinauf: Es sitzt ein muder Wandrer In einer Restauration, Das ist gewiss kein andrer Als der verlorne Sohn. Der Gerber stiess den Laden heftig auf und beugte sich weit aus dem Fenster. Knulp Bist du's oder ist's ein Geist? Ich bin's rief Knulp. Du kannst aber auch uber die Stiege herunter kommen, oder muss es durchs Fenster sein? Mit froher Eile kam der Freund herab, tat die Hausture auf und leuchtete dem Ankommling mit der kleinen rauchenden Ollampe ins Gesicht, dass er blinzeln musste."