Kaum beachtet von der europäischen Öffentlichkeit steuert Spanien auf die schwerste Staatskrise seit 35 Jahren zu. Seit Brüssel und Berlin 2009 die Rettung bankrotter Privatbanken durch den Staat anordneten, haben sich die öffentlichen Schulden - trotz Sparkurs bei den Sozialausgaben - verdreifacht. Und wie überall in Südeuropa hat sich die soziale Lage verschärft. 25% der Bevölkerung sind arbeitslos, eine Million Menschen haben ihre Wohnung verloren, Löhne wurden massiv gesenkt und Sozialleistungen zusammengestrichen.Doch es rührt sich allerorten Widerstand. In Katalonien und dem Baskenland fordert die Bevölkerungsmehrheit schon lange einen Bruch mit der autoritären Haltung Madrids gegenüber Demokratisierungsforderungen. Mit der 15M-Bewegung, die 2011 auf der ganzen iberischen Halbinsel die öffentlichen Plätze füllte, ist der Protest nun auch in der spanischen Mehrheitsgesellschaft angekommen. Bei den Kommunalwahlen im Mai haben alternative Kandidaturen den etablierten Parteien überall im Land ihre Vorherrschaft streitig gemacht, und bei den landesweiten Parlamentswahlen im Herbst könnte die erst 2014 gegründete linke Bürgerbewegung PODEMOS aus dem Stand stärkste Partei werden. In Spanien, das lange als Modell für die europäische Modernisierung gefeiert wurde, geht es aber nicht mehr nur um einen möglichen Regierungswechsel. Immer mehr Bürger/innen stellen das "politische Regime" von Berufspolitik und neoliberaler Doktrin als solches in Frage.