"Multikulti-Spektakel", "Festival der Simulakra", "Party-Time statt 1. Mai", "Kreuzberger Pfingstwunder" - der Berliner Karneval der Kulturen trägt viele Namen. Er wird medial umfassend inszeniert und von der Politik bemerkenswert einvernehmlich begrüßt, nur mit dem traditionellen Instrumentarium der Karnevalsforschung, in der Sprache von Umkehrritual, Maskerade und Groteske, lässt er sich nicht adäquat fassen. Dieses Buch geht einen anderen Weg. Die Frage, wie der Karneval "denkt", zielt in klassisch sozialanthropologischer Perspektive darauf, den Karneval der Kulturen nicht nur als Event, sondern auch als Institution zu verstehen. Akzentuiert wird der Zusammenhang zwischen multikulturellen Denkstilen und sozialen Milieus. Aus der Perspektive der Akteure - einer Vielzahl von Einzelkünstlern und Gruppen werden die Strukturen des "Arbeitsplatzes Karneval", die sozialen Netze und die prekäre Ökonomie der Aufmerksamkeit rekonstruiert, die der Karneval stiftet. In ethnographischen Portraits und konkreten, detaillierten Fallstudien zeigt sich, was der Berliner Sommerkarneval über die Globalisierung unserer Alltagswelten, das Verhältnis von Migrantinnen und Migranten zur Mehrheitsbevölkerung, über "spektakuläre" Formen urbaner Vergesellschaftung und die Vermarktung und Plausibilierung kultureller Vielfalt auszusagen hat.