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Pocahontas 2

Autor Klaus Theweleit
de Limba Germană Paperback – 12 mar 2013
Am Anfang war die Einwanderung. Am Anfang von was?Am Anfang von dem, was wir heute 'Europa' nennen.So ca. 2000 Jahre v. u. Z. (-2000) wandern verstärkt undin mehreren 'Wellen' Indogermanen von Nordostenher in die Gebiete ein, die wir heute als 'Griechenland'kennen. Die hießen nicht immer so. Wie deren vorgriechischeBewohner sich nannten, wissen wir nicht.Sie schrieben nicht; sie wurden ausgelöscht; oder denEinwandernden assimiliert. Alle Namen, die wir heutehaben, sind die der siegreichen Neuankömmlinge; Namender Kolonisatoren, der 'Griechen' eben (die auchnoch nicht schrieben als sie eintrafen).Die 'Griechen' entwickelten dabei eine besondereKunst der Erzählung (bzw. des Gesangs); Formen, diewir heute als 'Mythos' bezeichnen. Erste Funktion dieserMythos-Erzählungen war es, die eigenen (Un)Tatenzu verschönern; auf deutsch (bzw. griechisch): die eigenenTaten der Landnahme als Taten von Göttern undTitanen zu besingen - ein Dreh, aus dem Worte wie'Genie' und 'genial' sich gebären ließen. Der historisch-alte Grieche fühlt sich als göttlich (so wie heutejeder durchschnittliche Amerikaner). (Und jeder durchschnittlicheeurasiatische I-pod-Besitzer wahrscheinlichauch. I-pod = I-god).Zur Landname braucht man Medien (nicht nur dasPferd, auf dem Mann reitet). Das Medium, das 'dieGriechen' wählen, ist der Körper von Königstöchtern;Töchtern der einheimischen Lokalherrscher, die vonden Göttern der Griechen (insbesondere Zeus, Poseidon,Apoll) beschlafen (= vergewaltigt) werden.Die kolchische Königstochter Medea, die Ostfrau vomEnde des Schwarzen Meers, mytho-historisch etwa anzusetzenum -1400, die dem seefahrenden GriechenJason (= Götterabkömmling), in den sie sich 'verliebt',das Goldene Vließ ausliefert, ist schon eine Spätfigur diesesProzesses.Die Schrift-Heroen Hesiod und Homer stehen nicht- wie heutige Medienlegende will - am Anfang einerneuen Großkultur (der unseren); sie bilden zunächsteinmal einen Endpunkt: sie schreiben auf (mit derneuen Medientechnologie des griechischen Vokalalphabets),was in den 1000 Jahren, die hinter ihnen liegen,griechische Einwanderer sich ausgedacht, erzähltbzw. gesungen haben: bis hin zu ihnen nur mündlichkolportierte, weitergegebene und variierte Geschichtenvon Göttern, die Menschenfrauen beschlafen, Königstöchter,welche ihnen Kinder zu gebären haben: die sog.Heroen; Perseus, Theseus, Herakles usw.; letzterer z. B.ist der Sohn, den Gottvater Zeus in die KönigstochterAlkmene pflanzt in der berühmten thebanischen Nacht,in der es den Ehemann Amphitryon in zweifacher Ausfertigunggibt. So wie Zeus (als Schwan) die schöneHelena in die Königstochter Leda pflanzt, aus derenSchönheit dann der Trojanische Krieg erwächst (wo durchden Fall Troias das nördliche heutige Kleinasien untergriechisch kolonisiertes Gelände fällt).All dies ist Stoff der singenden Griechen spätestensseit der sog. Palastkultur; Kultur von Mykene (ab etwa-1600). Buch der Königstöchter zeichnet den Weg der griechischenLandnahme über die Körper von ca. 30 geschwängertenKönigstöchtern nach, deren Vaterkönige(infolge dieser 'Schwängerungen ohne Ehemann') ihreTöchter großenteils verstoßen und (infolge der sichanschließenden 'mythologischen' Auseinandersetzungen)ihr Land - an die einwandernden Griechen - verlieren.Eben so, wie der 'Indianer-König' Powhatan in Virginia,Nordamerika, sein Land an die englischen Einwandererverliert, nachdem seine Tochter Pocahontas (mythologischexakt nach Medea-Modell die Retterin desKolonisten John Smith) in die Hände der englischenGötter geraten war; so wie der reale Prozeß bei normaler Einwanderung und Landnahme eben verläuft: dieeinheimischen Männer werden erschlagen, die Frauenvergewaltigt. Manchmal entsteht eine neue Mischbevölkerungwie in Mexiko: die Chicanas/Chicanos, laraza; (positiv konnotiert); eingeleitet über die mythohistorischeKazikentochter La Malinche, der es gelingt, ander Seite des Conquistadors Cortés eine feurige Kämpferinfür die Sache der Spanier (und Christin) zu werden;die Sache der Götter, nachdem ihre eigene Kultur siezur Sklavin degradiert hatte.Am Anfang war die Einwanderung: auch von dem, washeute 'Amerika' heißt. Da muß die Landnahme nichterst entschlüsselt werden. Sie liegt auf der Hand bzw.in amerikanischer Erde in Form gebleichter Knochensog. Indianer bzw. auf dem Grund des AtlantischenOzeans als breite Straße afrikanischer Knochen - wieAmiri Baraka schreibt - (und zwar in Gedichtformschreibt, als poetisch-historischer Tiefseetaucher, dem- mit allem Jazz der Welt im Ohr, mit aller black music,das aufgebrezelte Geschwätz von 'kein Gedicht mehrnach Auschwitz' so egal ist, wie der jüdische Anspruchauf das Recht der historisch beispiellosen Vernichtungin der Shoah durch die deutschen Nazis). 'Shoah' istein Permanentfaktum wenn nicht der 'Menschheitskultur', dann zumindest der Geschichte der eurasiatischenPopulationen, der glorreichen Ackerbauern- undSiedlergeschichte.Ich wäre nicht unbedingt so stolz wie die heutige Türkeies ist auf ihre Erstkultivierung der Äcker und Seßhaftwerdungumherziehender Sammler und Jäger imsog. Fruchtbaren Halbmond ca 10.000 Jahre v. u. Z.: auf dieErfindung der Wiege also des Kriegs als Zivilisierungsmittel;die Erfindung von Mord und Totschlag; die Erfindungdes Leichenhaufens als permanenter Einrichtungvorm Palast des Herrschers. Eine Erfindung, in deres den 'Gegensatz' von Orient und Okzident übrigensnicht gibt; ca. 9000 Jahre lang nicht gibt, bis einwanderndeIndogermanen aus Zentralasien, sich selbst sonennende 'Griechen' mit ihrem Gewaltherrscher Zeusauf dem Panier (dem ersten weltbekannten Groß-Arier),diesen Graben zu graben und dann zu zementieren beginnen(mit Eisenwaffen, Schiffbau, schicken Säulentempelnund phonetischer Alphabetschrift.*).Differenzierungen: Medea - die sich in den Kolonisator'verliebt' - gibt es (schon in der antiken Literatur) - invielen Wendungen. Nicht immer ist sie die, als die sieheute (eher moritatenmäßig) den Stadttheatern geläufigist: die Mutter mit dem Messer. Beim Autor des 'Argonautenepos' Apollonius v. Rhodos (um -250) gelangtsie heil als Ehefrau des griechischen Vließräubers Jasonin dessen Heimatstadt Iolkos in Thessalien; und dasEpos endet, bevor sie überhaupt ihr erstes Kind gebiert.Solche Wendungen der Geschichten haben immer ihrenpolitischen Hintergrund im jeweiligen Herrschaftsgebilde,in welchem die Autoren schreiben, sowie in ihrereigenen Interessenlage (und ihren poetischen Qualitätenselbstverständlich). Medea bei Euripides in Athenist eine andere als bei Apollonius im hellenistischenAlexandrien, bei Ovid im augusteischen Rom oder beiSeneca unter Nero.Besonders kraß ist das zu studieren am Fall der mythohistorischenphönizischen Königstochter Dido,später Königin von Karthago. In ihrer Figur (in der literarischenDenunziation ihrer Figur) handelt der römischeHofschriftsteller Vergil sowohl die militärischeVernichtung der Stadt Karthago (-141) als gerechtfertigtab; wie auch den gerade eben vom Römer Octavian erzwungenenSelbstmord der nordafrikanischen KöniginKleopatra nach ihrem fehlgeschlagenen Versuch,westliche und östliche Gebiete des römischen Herrschaftsbereichsin einer einzigen neuen Dynastie zuvereinigen: fehlgeschlagen zunächst mit Gaius JuliusCäsar und dann mit dem Feldherrn Marcus Antonius.Der erste wird ermordet (sein Sohn mit Kleopatra namensKaisar war als Thronfolger vorgesehen), der zweitewird besiegt vom späteren Augustus. Vergil besingt denSieger Augustus in seiner Aeneis, macht böse Hexen ausDido/Kleopatra und verschafft Rom eine neue historischeGenealogie (= geboren aus den Aschen des nurdurch griechischen Betrug besiegten Troja).Auf diese Weise sind 'mythische' und politische 'Realgeschichte' unentwegt miteinander verzahnt. Buch derKönigstöchter folgt der Spur der kolonisierenden Landnahmevon den Körpern der frühen gottgeschwängertenprä-griechischen Königstöchter - die in den Bildernder großen Renaissancemaler und der späteren europäischenMalerei nicht ohne Grund eine furiose Auferstehungerleben - über die Asiatin Medea, die phönizisch/karthagische Dido, zur mexikanischen Malinche, zurnordamerikanischen Pocahontas (und einigen weiteren)bis hin zu James Camerons 3D-Film Avatar (2009).Auch Cameron (Landnehmer im Bereich digitalerFilm erfindungen) erobert sein technologisches Neulandund entfaltet seine 'Utopie' einer neuen WeltallÖkologieüber den Körper einer (halb göttlichen, halbanimalischen, computeranimierten) Häuptlingstochter,Pocahontas 2010.
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Specificații

ISBN-13: 9783878777526
ISBN-10: 3878777523
Pagini: 736
Ilustrații: zahlreiche Abbildungen
Dimensiuni: 134 x 208 x 48 mm
Greutate: 0.94 kg
Editura: Stroemfeld Verlag