Der Typus des geistig Abnormen, des aus aller bürgerlichen Welt Herausgefallenen als ein Extremtypus des Außenseiters gehört zu Raabes konstantem Personal seit dem Frühwerk.Diese Studie klinkt sich erstmals aus der modisch werdenden Präferenz des Spätwerkes aus; sie setzt sich zum Ziel, einen breit gefächerten Überblick über die dichterische Gestaltung psychopathologischer Phänomene in Romanen, Erzählungen und Novellen der verschiedenen Schaffensphasen Wilhelm Raabes zu geben. Am Grenzrain zwischen Medizin und Literatur zeichnet die Verfasserin die Erscheinungsbilder behutsam nach, um die tiefere Bedeutung der spezifischen Krankheitsentwürfe, ihrer Auswahl und Darstellungsart für den textuellen Kontext herauszuarbeiten und die psychopathologischen Phänomene poetisch und poetologisch zu deuten und zu durchleuchten. Literatur wird nicht als Pathographie interpretiert, sondern als Reflektor zeit- und bewusstseinsgeschichtlicher Strömungen, als fiktives Medium der Auseinandersetzung mit der Signatur der Zeit verstanden.