Törtel und Nummer 3

Der dritte Band einer Serie ist oft enttäuschend, wenn die Autoren ihr bestes Pulver schon am Anfang verschießen. In diesem Fall aber macht schon der Titel deutlich, dass es der Autor faustdick hinter seinen Schreiberohren hat, denn bereits im Titel verbirgt sich das raffinierte Programm: Es geht natürlich um die schon bekannte, von den Lesern der ersten beiden Bände heiß geliebte griechische Landschildkröte Törtel, und es geht im dritten Band ihrer Abenteuer um die Nummer 3 eines Entenwurfes. Nummer 3 ist nämlich verloren gegangen, und das findet Hokuspokus, der Schwan, den wir auch schon kennen, unerhört. Ja, er empfindet dies auch als unsägliche Zumutung, hat doch tatsächlich die Entenmutter ihr ganzes Gelege im Stich gelassen und die sieben kleinen gelben Federbälle ohne mütterlichen Schutz einfach im Schilf allein gelassen. "Ja war das denn die Möglichkeit. Konnte es so viel Pflichtvergessenheit geben?", so empört sich der Schwan. Und dann fehlt auch noch eines dieser Kücken, nachdem Hokuspokus doch selbstlos beschlossen hatte, die Verantwortung für die Kleinen zu übernehmen! Und dann der Blick, den dieser Ersatzvater auf die Eier wirft! Die Illustrationen sind kongenial zum Ton, in dem wir Leser hier schwelgen dürfen, mit all unseren Sehnsüchten und Wünschen um eine bessere Welt oder ganz schlicht um die Welt, wie Kinder sie vorzufinden wünschen. Dieser Autor liebt Kinder und deshalb erzählt er ihnen genau so, dass sie mit voller Überzeugung daran glauben dürfen, dass die heile Welt möglich ist, zumindest im Kleinen, trotz aller Widrigkeiten, die Wieland Freund selbst in ihren herzlosen Aspekten schildert. Allerdings tut er das so humorvoll und so hinterlistig-siegessicher, dass das Gute immer siegen wird, dass die Leser, auch wenn sie schon in die Schule gehen, sich wie im Märchen fühlen - und das brauchen sie noch heute mindestens so dringend wie die Kinder zu Grimmschen Zeiten. Dass Nummer 3 am Ende dieser Geschichte gefunden und von seiner schönen Mama an ihre Federn gedrückt wird, ist klar, so wie auch wir Leser aufatmen und feststellen können, dass alle, die zur Rettung dieses vorwitzigen Kükens beigetragen haben, wenn sie nicht gestorben sind, noch weiter glücklich leben: "Gottseidank!" Bitte mehr davon. Gabriele Hoffmann (Leanders Leseladen, Heidelberg)