In der Ägyptologie sind Göttermonographien ein wichtiges Genre, in dem wesentliche Erkenntnisse zu einzelnen Gottheiten zusammengefaßt werden. Doch sind Göttermonographien ein recht heikles Feld, da gerade für die bedeutenderen Gottheiten die Beleglage schnell erdrückend wird. Ein so prominenter altägyptischer Gott wie Thot, der gern vereinfachend als Schreiber- und Weisheitsgott charakterisiert wird, ist deshalb in jüngerer Zeit nicht mehr umfassend untersucht worden. Martin A. Stadler schlägt einen neuen methodischen Weg ein. Er möchte in seinem exegetischen Ansatz etwa ein Drittel der Sprüche des ägyptischen Totenbuchs als kohärente Kompositionen erklären, worauf in der Ägyptologie allzu häufig unter Verweis auf die andersgeartete Logik im ägyptischen religiösen Denken verzichtet worden ist. Die spezifische, zentrale Stellung des Totenbuchs innerhalb des religiösen Schrifttums Ägyptens ermöglicht es, Thot über die gesamte altägyptische Religionsgeschichte hinweg zu untersuchen.