¿Julia Mantels Poesie findet nicht in einer entkoffeinierten Bubble statt; im Gegenteil, die teuflisch intelligenten, herrlich unterhaltsamen Gedichte dieser feinen Beobachterin der Gegenwart werden nicht nur von einem vielverzweigten, filterfreien Sensorium informiert, sondern sind auch mit einer unbekümmerten, souveränen Stimme zur Sprache gebracht. Wie schreibt eine Frau mit erhobenem Mittelfinger, wenn der Lack ab ist? Wie schreibt eine Dichterin mit unverblümtem Ausdruck, eine Verspflügerin in einer Welt voller Heideröschen? Die Gedichte nehmen sowohl zivilisatorische Eitelkeiten unters poetische Brennglas als auch handfeste Schieflagen einer sich massiv gewandelten Welt: mein haus, mein auto, mein aus. / nichts ist im lot. / wie schuppen von den haaren / fällt es mir auf die schulter. So sehr auch in diesen Gedichten Themen wie Liebe, liebesähnliche Beziehungen, Sex, Fernweh, Um- und Irrwege des Lebens in all ihren emotionalen Schraffierungen in konturenreichen Poemen fassbar werden, sind die Texte dieser Frankfurterin niemals affektierte Gedankenspiele, sondern künstlerischer Ausdruck, der sich mit Wucht und Schönheit im 21. Jahrhundert in unzähligen Versformen bewegt.¿ Paul-Henri Campbell