Dieses Buch beschreibt Verhältnisse, an die wir uns nicht gewöhnen sollten. Es zeichnet nach, wie Politik auf Selbstschutz umstellt. Problem- und Risikovermeidung haben Vorrang vor strittigen Projekten. Aus Erfahrung vorsichtig: Das ist kein Zufall. Die Medien tragen das ihre dazu bei.Führen wollen, Verantwortung übernehmen, Gestaltungsspielräume für die eigenen Ideen nutzen: Und dabei Gefahr laufen, von einem vielstimmigen Chor betroffener oder sich nur betroffen gerierender Meinungs- und Stimmungsmacher auf allen Online- und Offline-Kanälen ohne eigene Verantwortlichkeit der Unfähigkeit bezichtigen zu lassen? Was bedeutet das für das Selbstverständnis derjenigen, die politisch handeln wollen und eigentlich auch müssen? Und umgekehrt: Wie kann in diesem Milieu des bürgerlichen Dauerprotests verantwortungsvoller und kritischer Journalismus aussehen?Es gibt Fragen, denen geht man heutzutage lieber aus dem Weg. Große Bauprojekte? Um Himmels Willen. Europäische Perspektiven? Lieber nicht mehr drüber reden. Engagement an der Basis? Etwas für Karrieristen, Rentner oder Weltverbesserer. Kontinuierliche Beteiligung an Bürgerbewegungen? Keine Zeit. Klare Koalitionsaussagen vor Wahlen? Wer flexibel sein will, legt sich nicht fest. Auftritte vor möglichst allen erreichbaren Mikrofonen? Nicht einmal das ist mehr ein Erfolgsrezept. Denn wer sich äußert, wird angreifbar. Was immer Politik anpackt, es wird mit vereinten Kräften kleingeschreddert und dann mit dem Finger auf die anderen gezeigt. Oder es wird ganz einfach nichts mehr angepackt, Probleme werden kaschiert, verwaltungsintern in einem Prozess von unten nach oben geradezu mit Perfektion. Auch Respekt vor den institutionellen politischen Prozessen wird seltener. Aber Selbstgerechtigkeit aus Partikularsicht wächst.