In der Dissertation wird eine Methode zur Sensitivitätsanalyse von gerissenen oder geschwächten Tragwerken unter statischen und dynamischen Beanspruchungen vorgestellt, mit deren Hilfe der Einfluss von Systemveränderungen in lokalen Bereichen auf die Tragwerksantworten ermittelt werden kann. Die grundlegende Idee der so genannten Sensitivitätsanalyse mit Greenschen Funktionen (SAGF) ist die Vorhersage von Änderungen der Verformungen und Schnittgrößen sowie der Eigenfrequenzen und Eigenfunktionen aufgrund von Steifigkeitsmodifikationen, die insbesondere aus Schädigungen oder Rissbildungen resultieren. Dies wird erreicht, indem man die Energien eines ursprünglichen und eines modifizierten Tragwerkszustandes vergleicht und mit Hilfe einer exakten oder genäherten Greenschen Funktion die Änderung der gesuchten Zielgröße an einer beliebigen Stelle erfasst. Der Vorteil der Methode liegt darin, dass ausschließlich der gerissene oder modifizierte Bereich des Tragwerks erneut betrachtet werden muss, um das geänderte Ergebnis vorherzusagen. Diese Art der lokalen Analyse führt zu einem weitaus geringeren Rechenaufwand im Vergleich zu den globalen Lösungsmethoden. Sie wird zunächst für einfache Rand- und Anfangswertprobleme in analytischer Form dargestellt und im Anschluss auf allgemeine komplexe Systeme in Kombination mit der FEM erweitert. Die Genauigkeit der lokalen Analyse ist abhängig von der Art und der Größe der Systemveränderung sowie der im Allgemeinen numerisch ermittelten Greenschen Funktion und liefert oft nur für gering geschwächte Bauteile brauchbare Ergebnisse. Aus diesem Grund werden in dieser Arbeit verschiedene Lösungsvarianten sowie iterative Lösungsstrategien zur Steigerung der Ergebnisgenauigkeit entwickelt und diskutiert.Zur Berücksichtigung von Modifikationen aus Schädigungen und Rissbildungen werden neben der Änderung von Material- und Querschnittsparametern auch Ersatzmodelle bestehend aus Translations- und Rotationsfedern bei Stabtragwerken und aus Linienfedern bei Flächentragwerken dargestellt. Die Federsteifigkeiten der Ersatzmodelle werden auf Basis bruchmechanischer Betrachtungen bestimmt. Bei der Berechnung der Federsteifigkeiten werden je nach der Risskonfiguration unterschiedliche Spannungsintensitätsfaktoren verwendet, um den Einfluss der Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Rissen zu erfassen. Zur Behandlung von Biegerissen bei Stahlbetonbalken werden die Federsteifigkeiten des Ersatzmodells in einen Betonanteil und einen Bewehrungsanteil aufgeteilt, wobei die Federsteifigkeit zur Berücksichtigung der Bewehrung anhand von kinematischen Beziehungen an einem Starrkörpermodell abgeleitet wird. Darüber hinaus werden gerissene Elemente formuliert, die bei FE-Berechnungen einsetzbar sind. Weiterhin werden Modelle zur Berücksichtigung von Rissöffnungen und Rissschließungen beschrieben.Durch die analytischen Betrachtungen mittels der SAGF Methode lassen sich statische und dynamische Greensche Funktionen für Durchlaufträger in geschlossener Form aufstellen. Aufgrund des Superpositionsprinzips können diese Greenschen Funktionen zudem um Terme erweitert werden, die den Einfluss von Steifigkeitssprüngen oder von Rissen modelliert durch Rotations- und Translationsfeder berücksichtigen.Die Anwendbarkeit, die Genauigkeit und die Grenzen der in dieser Arbeit entwickelten SAGF Methode werden anhand von ausgewählten Beispielen aus statischen und dynamischen Problemstellungen gezeigt.